Schon lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Doch nehme ich nun die Vorweihnachtszeit zum Anlass, mal wieder einen Bericht zu schreiben. Völlig ungünstig, ich weiß,…. als ob irgend jemand gerade jetzt Zeit hätte, meine Ergüsse, und wie sich noch zeigen wird, völlig überflüssige, zu lesen. Doch die bestürzte Bemerkung eines Freundes veranlasst mich, die Berichte nicht zu vernachlässigen, er fragte ernstlich besorgt, warum er nichts mehr von mir zu lesen bekomme …. So muss ich leider gestehen, dass ich in Ermangelung von wirklich wichtigen Themen, heute von einem ganz und gar unweihnachtlichen, profanen Thema schreibe, welches mich aber schon in zartem Alter beschäftigte, denn ich erlitt aufgrund in diesem Brief beschriebener Unbill als Jugendliche einen schmerzhaften Sehnenriss am rechten Knöchel. Der Knöchel verheilte, jedoch war meine Fähigkeit beide Füße gleichermaßen, sozusagen harmonisch zu belasten nachhaltig gestört worden, denn ich entwickelte eine ungleichmäßige Belastung des rechten Fußes, aus welcher heraus sich Jahrzehnte später ein Meniskusriss entwickelte und heute, davon bin ich überzeugt, meine hartnäckige bereits 8-Monate dauernde „frozen shoulder“. Eine sehr erfahrene Osteopathin hat mich mal vor einiger Zeit untersucht und mir alles sozusagen an meiner Haltung „angesehen“. Nun vielleicht stimmt das ja auch alles nicht, vielleicht hat meine Schultersteife nichts mit meinem Sturz vor über 25 Jahren zu tun, aber was, wenn doch??
Doch erst mal der Reihe nach…..
Es hat sich so vieles ereignet, was ich hätte berichten können,… aber ich will mich nicht raus reden: ich war schlichtweg faul UND es war, wie kann es anders sein, wieder mal viel los bei uns, aber – dieses Mal waren es zumindest keine Baustellen, die uns auf Trab gehalten haben.
Wie einige von euch wissen: wir sind um den halben Globus gereist und haben unsere Freiheit in vollen Zügen genossen. Wir hatten überlegt, uns die Unabhängigkeit, die das außerschulische Lernen mit sich bringt, auch dahingehend zu nutzen, die Welt statt durch Bücher, mit eigenen Augen zu erkunden. Unsere Bilder und Berichte konntet ihr auf unserem Reiseblog www.schulfreiundweg.eu miterleben. Dort sind übrigens auch Fotos unserer Blockhütte.
Doch ein ganz kurzer Rückblick für diejenigen unter euch, die von unseren Reiseerlebnissen verschont geblieben sind: Wir sind Ende Januar dieses Jahres von einer 3-monatigen USA-Reise zurückgekehrt, wo wir u.a. auch meine Verwandten besucht haben. Wir bereisten 16 Staaten, von Hawaii bis Florida per Flugzeug, Mietauto und Wohnmobil, quer von West nach Ost. Darunter waren großartige Naturerlebnisse, wie sie bei Besuchen von 8 Nationalparks nicht ausbleiben: Sonnenaufgang über dem Grand Canyon, Salzseen in Death Valley, Vulkanwanderungen in Hawaii, Riesenmammutbäume in Sequoia. Schräge Stadterlebnisse wie Achterbahnfahren in Las Vegas, Halloween in San Francisco, Weihnachten in New York City und Silvester in Florida (tote Hose). Es war schön und allzu schnell vorbei. Die Kinder gingen auch in eine amerikanische Schule und waren traurig, als sie von ihren neuen Schulfreunden Abschied nehmen mußten.
Wir brauchten dann etliche Wochen, um hier in der Stille wieder anzukommen. Und um uns wieder an die Franzosen zu gewöhnen.
Unsere Amerika-Reise hat uns gezeigt, dass wir noch viel mehr reisen müssen und dass keine noch so gute Bildung die persönlichen Eindrücke, Begegnungen, Stimmungen und Erlebnisse eines Landes ersetzen kann. Interessanterweise hat Simon dann im folgenden Schuljahr in Englisch und Erdkunde das Thema Amerika behandelt und als er über „Agrobusiness in Kalifornien“ und Orangenplantagen lernen mußte, wußte er genau, um was es dabei ging und wie es riecht und sich anfühlt, auf einer kalifornischen Orangenplantage zu sein. (Hatten wir doch schließlich auf unserer Reise einige Plantagen kennen gelernt und zuckersüßes Fallobst stibitzt…) Und als es um NYC ging und die Brooklynbridge, da wußte er genau, wie es sich anfühlt, über diese ewig lange Brücke zu laufen.
Ich muss immer wieder feststellen, dass man eigentlich regelmäßig verreisen muss, wenn man in Frankreich lebt. Ich weiß ja gar nicht, wie die Franzosen es schaffen, so resistent gegen Auslandsreisen zu sein. (Oder wann trifft man je Franzosen außerhalb Frankreichs? Außer in Freiburg auf der Kajo….) Also unser Nachbar zum Beispiel, der unsere Hirsche versorgt. Er ist schwer in Ordnung und seine Frau und sein Sohn auch, aber verreisen? Dass sie noch nie ihre Landeshauptstadt Paris gesehen haben, kann man noch verstehen, wenn man bedenkt, dass sie ja schließlich fast eine halbe Tagesreise weit weg liegt, aber, dass sie noch nicht einmal die Hauptstadt dieser Region, Besancon besucht haben, die noch nicht einmal 80km entfernt liegt und die berühmte Unesco-Weltkultur-Citadelle zu bieten hat (!!), das ist doch….. typisch….. der arme Sohn ist 12 und hat außer dem heimischen Wald noch nichts gesehen. Nun ja, so kann man auch leben.
Nun geht mich das ja alles wenig an, aber wenn sogar die Feiertage genutzt werden, um den einzigen(!) Nachbarn (das sind wir) auf den Keks zu gehen, statt mal eine klitzekleine Reise zu machen, dann fehlt mir jegliches Verständnis und ich ringe nach Luft über soviel Borniertheit. Karfreitag diesen Jahres fing der Nachbar an, morgens um halb acht, keine 100m von unserem Haus entfernt, mit der Kettensäge und Traktor im Wald zu rumoren. Das ging dann das ganze Osterwochenende so, von Morgens bis Abends, brömm, brömm, brööööhm,….ja, wirklich schön. Und dann geht das natürlich jedes Wochenende so (ausschlafen ade!): gnaden- und lückenlos bis zu seinem Urlaub im August, der dann das fulminante Finale bildet, nämlich 3 Wochen nonstop-bröööhm, bis die 2000 Ster Holz gemacht sind. Das ist der Traum und die Krönung eines echten Vogesenbauern. Man muss ja schließlich vorsorgen, wer weiß, ob es bis 2030 überhaupt noch Bäume gibt.
Unser Nachbar hat sich auch äußerst immun erwiesen gegen jegliche Einladungen meinerseits, seiner Familie und seinem Sohn doch einmal einen Freiburgbesuch zu ermöglichen. Ich glaube, ich habe gesehen, wie sich seine Nackenhaare aufstellten, als er meine Einladung nach Freiburg vernahm. Freiburg??? Bof…. wozu? Selbst meine beharrlichen, alljährlichen Einladungen zum Freiburger Weihnachtsmarkt, können sie nicht locken, ja sie kennen nicht mal ihre herrlichen französischen Märkte. Kurzum, ich hab`s aufgegeben.
Wir blieben einige Monate auf unserer Ferme im Wald. Eine gnädige und göttliche Fügung bescherte uns reichlich Feriengäste in unserem Blockhaus und als sogar Anfragen für unser Steinhaus kamen (in welchem wir ja eigentlich selber wohnen) und die Gäste begeistert waren, da packte uns das Fernweh wieder und im Juni, wenige Monate nach unserer Rückkehr aus Florida, fuhren wir nach Paris, wo wir mit einer befreundeten Familie Haus/Wohnungstausch machten.
Paris im Juni ist genial, keine Ferien, angenehme Temperaturen, entspannte Pariser. Pech war nur, dass direkt neben unserem Wohnhaus, einem 5-stöckigen, typischen Altbau eine Riesenbaustelle auf vollen Touren bearbeitet wurde und das bedeutete jeden Morgen um 7:00 Uhr liebliche Presslufthammer-Klänge. Dass der Betonmischer dazu quietschend seine rhythmischen Umdrehungen machte, gab dem Ganzen zwar einen gewissen akustischen Reiz, bedeutete jedoch keineswegs eine erträglichere Musik. Doch wer fährt schon nach Paris, um zu schlafen?
Vermutlich kennt jeder von euch Paris, ich werde euch also nicht mit Reiseberichten langweilen, aber etwas Lokalkolorit muss ich doch loswerden….
Die Franzosen leben einen gewissen Widerspruch, ich möchte ihn das französische Paradoxon nennen. In den Großstädten ist es genauso zu finden, wie im finsteren Wald. Nur kulminieren auf dem engen Raum einer Großstadt alle französischen Marotten udn eben auch dieses Paradoxon und das ergibt dann eine für uns Deutsche völlig unverständliche, abnormale und absurde Melange. Ich möchte das in Bezg auf Paris nur an einem einzigen Beispiel verdeutlichen, zu dem finsteren Wald komme ich später noch.
Legendär ist ja der Pariser Schick, der sich tatsächlich überall zeigt, auf der Straße, in der Metro, in den Schaufenstern, im Straßencafé: schlanke Männer in Anzügen, gestylte Frauen, schicke Frisuren, teure Smartphones, …. doch was ist das?? Wirkungsvoll bestrumpfte Frauenbeine vollführen in ihren kurzen Röcken und hohen Hacken einen wahren Tanz auf dem Gehweg, nur um irgendetwas auszuweichen: Tretminen!!! Überall!!! Hundkacke in ihren schönsten Aggregatzuständen! Mal fest und trocken, mal in kleinen Kugeln verstreut, mal breiig und verschmiert (bis zu 5m weit!!), mal total verflüssigt, und manchmal nur gasförmig in die Nase steigend, aber konstant vorhanden! Überteuerte Schaufensterauslagen blicken auf einen bekleckerten Gehweg. Moderne Menschen schreiten über mittelalterliche Straßen. Es wäre eine Studie wert…. vielleicht später, falls ich denn mal Minsterin werden möchte und nach einem Thema für den Doktortitel suche. Da war man dann immer froh, wenn man hoch oben auf dem Eiffelturm mal eine kleine Auszeit hatte, doch oh Graus, ich sah Touristen (Touristen!!), die ihre Vierbeiner sogar auf den Eiffelturm schleppten!!! Kleine Kästen mit gelben Tütchen, die bei uns im Wald an jedem Baum hängen, sucht man in ganz Paris vergeblich. Scheinbar wollen die das so. Ein naturbelassenes Paris. Da erkennt man Touristen immer daran, dass sie beim Gehen nichtsahnend nach oben gucken. („AH, guck mal das schöne Haus!!! Iihhh, was schmiert denn…..??Sch….!!!“) Der wahre Pariser ist daran zu erkennen, dass er stets nach unten guckt…..
Na egal, mir sind die Pariser inzwischen schnuppe, denn ich hatte mich nach diesem Schock zunächst mal mit den Innereien von Hundedärmen vor meiner eigenen Haustür auseinander zu setzen.
Da hat doch während unserer Abwesenheit unser lieber Nachbar aus dem Wald tatsächlich jedesmal seine Riesenhunde zu uns mit gebracht, wenn er unsere Hirsche gefüttert hat. Ist ja in Ordnung und hat mich bisher nur peripher gestört, aber scheinbar hat unsere monatelange Abwesenheit Wildwuchs begünstigt, denn unser Nachbar hatte offensichtlich seinen Hunden erlaubt, ihre Notdurft auf und neben unserer Terrasse zu platzieren (Riesenhaufen!! Menschliche Hinterlassenschaften sind nix dagegen) . Na, ich kann euch sagen, nach dem Parisbesuch geriet ich bei diesem Thema in Fahrt.
Aber ach, die Franzosen soll man nicht unterschätzen, sie sind herrlich. Nicht umsonst gibt es soviele französische Komiker und nicht umsonst ist der französische Film ein ganz eigenes, unverwechselbares Genre. Jetzt komme ich wieder auf das Phänomen des französischen Paradoxon zu sprechen, es folgt das Pendant zur Großstadt. Einerseits wirken die Franzosen auf den ersten Blick in ihrer manchmal mürrischen Art echt, menschlich und nicht so gekünstelt freundlich wie die anglophilen Völker.(„Hi, how are you?“ grins, grins) Nein, Franzosen wirken erst mal eigentlich ganz normal, ja fast schon angenehm. Franzosen schlurfen ihren Kunden im Laden gemütlich und betont langsam entgegen, fragen halbherzig, was man wünscht, legen ihre Stirn bekümmert in Falten und sagen schnell und oft: „Désolé!“ (Tut mir leid! Haben wir nicht….) Sie biedern sich nicht an, verstellen sich nicht, geben sich kaum Mühe, irgendeinen positiven Eindruck zu schinden und tun im Übrigen so, als ginge sie alles sowieso nichts an. Da sollte man also meinen, sie schätzen auch ihrerseits unverhüllte Ehrlichkeit und Authentizität. Und genau das ist ganz und gar trügerisch. Denn nichts liegt einem Franzosen ferner, als deine ehrliche Meinung zu erfahren.
Da geschah also folgendes. In seinem Drang nach Authentizität hat unser Nachbar es in unserer Abwesenheit nie für nötig befunden, diese Häufchen hündischer Indizien auf unserer Terrasse zu vertuschen oder gar zu beseitigen, was wohl aus seiner Sicht viel zu viel verlangt gewesen wäre. Er beließ sozusagen alles in natürlichem Zustand. Was dann bei unserer Rückkehr zu tagelangen, pestilenzartigen Düften und parasitären Attacken geführt hat. Und das passierte einige Male……, weswegen ich als Erstes bei Rückkehr nach einer anstrengenden Reise, mit Schrubber, Schaufel und Wasserschlauch zugange sein mußte…… doch ich sagte nie auch nur ein Wort zu ihm.
Aber dann, nach dem vierten Mal, beschloss ich, das schreckliche Schweigen zu brechen. SO ging es nicht weiter: wir kamen an, es war schon Dämmerung und sahen zunächst nichts. Doch am nächsten Morgen war der Schrecken groß: wie sah der Rasen aus? Viele Löcher, zum Teil tiefe Löcher, da war ein breiter Streifen meines liebevoll gehegten Rasens hinüber, zu Tode gebuddelt. Meine Freundin Daniela aus der Schweiz, die zufällig an dem Tag vorbei kam und sich sagenhaft mit Vierbeinern auskennt, machte beim Anblick des geschundenen Rasens sofort Hunde als Täter aus. Und wie zur Krönung fand sich wieder, in der Nähe des Terrasse ein riiiiiesiger Hundekaka-BREI auf dem Rasen, den meine Tochter am Vorabend in der Dunkelheit nur um Haaresbreite verfehlt hatte, wie ihr Fußabtruck deutlich machte. Das verräterische Teil hatte eine Größe von etwa 4 Männerfäusten. Als meine Freundin Daniela weg fuhr, ermahnte sich mich noch: „Und sei ja diplomatisch! Franzosen, du weißt schon….“
Ich drehte und wendete das Thema noch 3 Tage in meinem Kopf, während ich schwitzend und schimpfend die Torte vom Rasen kratzte, harkte, wischte, wusch……. legte mir Sätze zurecht, die meine Nachbarn nicht verärgern, nicht verstören, nicht vor den Kopf und nicht beschämen sollten. Kurz, die eben typisch französisch sein sollten: lange um den heißen Brei reden, dann nur ganz vage andeuten, was man meint, dann noch bestärken, dass es gar nicht so schlimm sei, dass man vielleicht nur mal so darauf hinweisen wollte, ob sich eventuell, irgendwann mal eine Lösung andenken ließe……blablabla. Ja, aber wo ist denn die französische Ehrlichkeit und Authentizität geblieben? Tja….. wenn es sie selbst betrifft, können Franzosen nun wirklich nichts damit anfangen. Und schon gar nichts mit deutscher Ehrlichkeit.
So eine Situation in Deutschland? Ein Anruf, du lass doch bitte das nächste Mal deine Köter zu Hause, ok? Ich habe echt Besseres zu tun, als jedes Mal die Reste der letzten Hundemahlzeit von meiner Terrasse zu kratzen, ok, danke. Wollen wir heute Nachmittag Tee trinken? Super, bis dann!
Ich fragte meinen Nachbarn schließlich in meinem freundlichsten Ton, was denn in unserer Abwesenheit mit unserem Rasen passiert sei. Er kratzte sich am Kopf, lachte und sagte, ach das, das muss wohl der Traktor gewesen sein. Er habe noch eine Ladung Heu gebracht. Ich ging darauf ein und fragte liebenswürdig, ob er denn nicht das neue, extra dafür angefertigte Tor benutzen wolle, das sei ja schließlich auch größer und würde eben nicht über unseren Rasen führen…., aber na ja, sei ja nicht so schlimm, sagte ich dann lächelnd, ich liebe zwar meinen Rasen und hätte ihn den ganzen Sommer über mit der Gieskanne gegossen, denn wenn ich auf meiner Terrasse sitze, dann freue ich mich über meinen schönen, grünen Rasen, aber na ja, er wird ja bestimmt wieder heile, nicht wahr….. Aber, da wäre noch was: ich machte mir etwas Sorgen um seine Hunde, die litten wohl an Versauungs-, äh, Verdauungsstörungen, also ich hätte da einen sehr guten Tierarzt, den ich empfehlen könnte.
Da legte sich seine Stirn in Falten und er blickte zu Boden. Ich sagte dann in äußerst liebenswürdigem Ton, dass ich es sehr schätzen würde, wenn mein Rasen sauber bleiben könnte, nicht wahr, drum herum seien ja 1000 ha Wald. Also, wenn er entweder seine Hunde zu Hause lassen oder es so einrichten könnte, dass sie ihren Darm nicht in der Nähe unserer Terasse oder auf unserem Rasen entleeren würden, dann würde ich es wirklich sehr schätzen und wäre ihm außerordentlich dankbar.
Ich erhielt keine Antwort, er war offensichtlich verärgert und studierte konzentriert seine Schuhe. Ich verabschiedete mich liebenswürdig, nachdem er keinerlei Bedürfnis nach weiterer Konversation zeigte und dachte auf dem Heimweg: „Mist, wieder mal nicht diplomatisch gewesen!“
So, als habe ich ihnen ins Gesicht gepupst, sprachen der Nachbar und seine Frau 3 Wochen kein Wort mit mir. Und als kleinen Willkommensgruß fand ich kurz darauf einen weichen Haufen direkt unter unserem Postkasten, mit dem meine Schuhsohle, da es dunkel war, auch prompt Kontakt aufnahm und dann, spät am, Abend meinen Schuhe, Auto und Gummimatte meine Zeit und meine Schreiattacken widmen mußte. Also, ich weiß ja nicht, was ein badensischer Häuslebesitzer, einer aus dem Schwarzwald mit Geranien und so, anstellen würde, wenn jemand die Vierbeiner viermal auf sein Grundstück und seine Terrasse sch… lassen würde!!! Aber so sind die Franzosen, sie nehmen sich das exklusive Recht sauer und beleidigt zu sein.
Doch, sie sind mein liebstes Volk. Eben weil sie so kindisch und so menschlich sind. Eigentlich sind sie ziemlich amüsant. Viele Möglichkeiten hat man eh nicht, muss nur entscheiden, ob man sich ständig über sie ärgern oder über sie lachen will.
(Und was hat das jetzt mit erwähntem Sehnenriss zu tun? Ich war als Jugendliche an einem regnerischen Tag unterwegs und rutschte auf einem schmierigen Hundehaufen auf Kopfsteinpflaster aus und riss mir die rechte Knöchelsehne. Dauerte Wochen und war extrem schmerzhaft.)
Mittlerweile haben sich unsere Nachbarn wieder eingekriegt, doch schaue ich mit gemischten Gefühlen den Hinterlassenschaften auf unserer Terrasse während unserer nächsten großen Reise entgegen. Womit wir beim nächsten Thema wären:
Wir verreisen wieder. Diesmal für 6 Monate und etwas weiter weg: nach Australien. (Ups, das ging jetzt aber schnell!)
Wir haben Gott sei Dank sehr nette Leute gefunden, die für einige Zeit unsere Ferme bewohnen und wir erfüllen uns einen riesengroßen Traum. Die Kinder gehen dort in die High School (8. und 9. Klasse) und da es dort üblich ist, quasi den ganzen Tag in der Schule zu sein, werde ich mich umgucken, was ich denn meanwhile so machen kann……. freue mich wahnsinnig über mehr Zeit für mich selbst und mir fallen unendlich viele Dinge ein….. außer natürlich Land und Leute kennenlernen. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie das ist, den Tag über Zeit für sich selbst haben.
Wir haben nun drei Jahre Homeschooling hinter uns, mit einigen größeren und kleineren Reisen und wenn mich Freunde nach einer Bilanz fragen, muss ich sagen: wir hätten alles genauso wieder gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass die Kinder das selbstständige Lernen ohne Klassenkameraden so lange „aushalten“, tolle Erfolgserlebnisse damit haben und beim Lernen noch Spass empfinden. Im Leistungs,- und Wissensvergleich mit anderen Schülern stehen sie gut da und ich kann mich darauf verlassen, dass sie arbeiten, selbst wenn sie mal einen oder mehrere Tage alleine sind.
Nun kommt für ein halbes Jahr wieder das Lernen an einer Schule und ist noch doppelt aufregend, weil es ein fremdes Land und Schulsystem ist. Wir sind unendlich gespannt…. Im Januar geht`s los.
Die „School-Policies“ (Schulregeln) schreiben natürlich Uniform vor, eine schöne grüne, in typisch australischen Farben. Außerdem gelten folgende interessante Regeln (deutsche Schulen aufgepasst): „Zum Dresscode gehört sauberes, gekämmtes Haar. Untersagt sind alle unnatürlichen Haarfarben (Pink…….), sichtbarer Schmuck (keine Ketten und Armbänder über der Uniform), farbiger Nagellack, Lippenstift und Lidschatten. Außerdem untersagt sind Haarschmuck wie große Bänder, Blumen und Tücher. Es dürfen keine Halstücher getragen werden. Die Uniform muss ordentlich und sauber sein und Hemd in der Hose getragen werden………….“
Aha. Interessant. Es handelt sich um eine ganz normale staatliche High School, die weder christlich, noch sonst ideologisch geprägt ist. Beim googeln habe ich noch viele andere High Schools mit ähnlichen Regeln gefunden. Schlagworte: Natürlichkeit, Konkurrenzfreiheit in der Bekleidung.
Unter „Dress Standards“ heißt es:
„The wearing of a uniform enables ready identification of students and eliminates the distraction of competition in dress. Mutual respect is developed as the evidence of economic and social differences is removed. In the long term, a uniform is cost effective for families and promotes a sense of belonging. Workplace Health and Safety requirements are met by our uniform policy.
No jewellery is to be worn, except for one watch, one pair of small sleepers or studs in the ear and small religious or cultural items on a long chain under the school uniform (not visible). No other jewellery or piercings are to be worn to school. Visible make-up or coloured nail polish is not permitted. Hair must be clean, of a natural colour, and kept in a neat and tidy manner. It should be worn in a non-extreme style.“
An anderer Stelle heißt es unter „Electronic Devices“, dass Handys, MP3-Player, IPads u.ä. am Morgen im Büro abgegeben werden müssen. Smartphones mit Fotofunktion sind auf dem Gelände nicht erlaubt.
Klingt spannend und für deutsche Verhältnisse extrem restriktiv. Doch ich bin selber ein Kind der Uniform, meine ersten vier Schuljahre verbrachte ich in einer kommunistischen Schuluniform und ich erinnere mich noch gut an das Gefühl der „Freiheit“, welches ich dann in Deutschland hatte, als ich jeden Tag selber bestimmen konnte, was ich anziehe. Doch gleichzeitig spürte ich einen schleichenden Druck, der, je älter ich wurde, umso mehr zunahm. Der Druck, mithalten zu können in der Mode, im Styling, auf dem täglichen Laufsteg der Schule oder Spießrutenlauf, je nachdem… Mittlerweile denke ich, dass Uniformen durchaus ihre Berechtigung haben. Selbst an den renommiertesten Schulen deutet alles darauf hin, dass hier, in den uniformfreien Schulzonen unsere Landes durchaus keine Freiheit herrscht. Und vielleicht auch keine Freiheit des Kopfes, um sich auf das Lernen zu konzentrieren?
Über undisziplinierte Schüler klagen an deutschen Schulen leider nicht nur die Lehrer, sondern auch lernwillige Schüler leiden unter der enormen Lautstärke und Hektik, die in den Klassenräumen herrschen. Neulich hörte ich Geschichten über verzweifelte und unmotivierte Lehrer an einem altehrwürdigen Gymnasium in Freiburg: da warf der eine Lehrer Tische um und ein anderer erzählte jeden Montag lang und breit alle Filme, die er am Wochenende gesehen hatte, nur um die Klasse ruhig zu halten….. Was hat das jetzt mit Schuluniformen zu tun? Sie sind eines unter vielen möglichen Mitteln, um Atmosphäre herzustellen. Vorbereitete Umgebung, in welcher Konzentration eher möglich wäre, als wenn man ständig in dem Klassenzimmer umherschielen muss, was hat denn der oder die heute an??? Mobbing ist noch das ganz andere große Thema.
Doch scheinen in unseren Schulministerien zwar viele kluge Köpfe zu sitzen, die sich auch ständig irgendwelche Schulreformen überlegen, doch kommen leider wenig weise Entscheidungen dabei raus, wie die jüngste Reformbestrebung für 2015 zeigt: sie zielt auf eine moralische und ideologische Umerziehung der Jugend. Wer mehr wissen möchte, kann sich hier informieren und auch die Petiton unterschreiben.https://www.openpetition.de/petition/online/zukunft-verantwortung-lernen-kein-bildungsplan-2015-unter-der-ideologie-des-regenbogens
Nun soll also die ohnehin große, allgemeine Verunsicherung an deutschen Schulen dadurch intensiviert werden, dass Schüler über alle möglichen sexuellen Praktiken und Orientierungen möglichst früh aufgeklärt werden sollen. Wem damit gedient sein soll, mag dahingestellt sein. Aber man fragt sich, haben die Bildungspolitiker denn überhaupt irgendein Interesse daran, eine lebens-, und überlebensfähige nächste Generation heran zu ziehen?
Wenn man den Psychiater und Autor Michael Winterhoff in seinem neuen Buch „SOS Kinderseele“ liest, sieht es um die Charakterbildung deutscher Kinder jetzt bereits gar nicht gut aus und er äußert ernsthafte Sorgen um die aufwachsende nächste Generation. In den Nachbarländern Frankreich, Österreich und Schweiz herrschten zumindest engere Beziehungsgeflechte zwischen Lehrern und Schülern und ein enger gestrickter Verhaltenskodex an Schulen. Womit wir wieder bei den Schulregeln und der Uniform wären.
Genug davon.
Ich wünsche euch eine wunderbare Vorweihnachtszeit ohne Tretminen, Schulstress und sonstige Unbill!